MMI 3/2020: Die Krise ist Normalität

Von Januar bis April 2020 ist der Milch Marker Index um zwei Punkte auf den Stand von 113 (2015=100) gestiegen. Wie schon im Januar lagen die Milcherzeugungskosten damit im April 2020 nur noch knapp unter dem Jahresniveau von 2019 (2019=115). Die durchschnittlichen Milcherzeugungskosten in Deutschland betrugen im April 46,76 Cent pro Kilogramm Milch. Kostensteigerungen waren vor allem in der Region Süd (+ 1,27 Cent) und in der Region Ost (+ 1,09 Cent) zu verzeichnen.

Durch das erneute Nachgeben der Milchauszahlungspreise von 33,24 Cent auf 32,68 Cent im April 2020 sackte die Preis-Kosten-Ratio auf 0,70, und die Unterdeckung der Milcherzeugungskosten näherte sich mit 30 Prozent wieder den Werten der Milcherzeugerpreiskrise von 2016.

Die Kostensteigerungen der letzten drei Monate waren vor allem dem Zukauffutter geschuldet (+ 0,85 Cent pro Kilogramm in der Region Ost und + 0,75 Cent pro Kilogramm in der Region Süd). Aber auch höhere Aufwendungen für die Unterhaltung von Gebäuden und Maschinen trugen zu den Kostensteigerungen bei, die Energiekosten reduzierten sich dagegen merklich.

Rückläufige Milchauszahlungspreise trafen vor allem Milcherzeuger/innen in den Bundesländern Schleswig-Holstein (-1,53 Cent pro Kilogramm), Baden-Württemberg (- 1,39 Cent pro Kilogramm) und Mecklenburg-Vorpommern (- 1,14 Cent pro Kilogramm). Aber auch in allen anderen Bundesländern außer in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland sanken die Milchpreise.

Mit der Veröffentlichung des aktuellen MMI wurden die Berechnungen der Milcherzeugungskosten auf die Daten des INLB 2018 umgestellt, so dass die Auswirkungen des Trockenjahres 2018 nun in den Zahlen sichtbar werden. Die Trendergebnisse für das gesamte Jahr 2019 und die vorläufigen Quartalsergebnisse für 2020 wurden unter Berücksichtigung der neuen Daten ersetzt. Das beinhaltet auch eine Umstellung von Frei-Molkerei- auf Ab-Hof-Preise. Somit werden die von den Milchviehbetrieben getragenen Transportkosten berücksichtigt.

Nur ein Systemwechsel kann die Milchkrise überwinden

Die Milchkrise ist Normalität, jedenfalls bei den Milcherzeugern/innen. Dies belegt der aktuelle MMI deutlich. Dass der subjektive Eindruck ein anderer sein kann, ist nicht in Abrede zu stellen. Die MEG Milch Board beschreibt den wirtschaftlichen Ist-Zustand auf den Milchviehbetrieben anhand fundierter wissenschaftlich ermittelter Zahlen. Dieser Ist-Zustand bildet dabei den Startpunkt, von dem aus nach vorne geblickt werden kann.

Dieser Blick macht klar, dass die vor uns liegenden Herausforderungen nicht mit dem kranken System des immer Billiger und immer Mehr gelöst werden können. Jedenfalls nicht für uns Milcherzeuger/innen. Die Molkereiwirtschaft hat einen anderen Blick auf das Marktgeschehen und sieht die große ökonomische Herausforderung in der Eroberung der Exportmärkte. Die ökologischen und sozialen Herausforderungen, die sich durch Klimawandel, gesellschaftliche Entwicklung sowie Tier- und Umweltschutz ergeben, bleiben allein die Sache der Milcherzeuger/innen.

Das belegt der MMI sehr deutlich. Durch die ökologischen und sozialen Herausforderungen steigen die Kosten in der Milchproduktion, trotz betrieblichen Wachstums und Effizienzsteigerungen. Vielmehr entstehen durch diesen Weg des quantitativen Wachstums Strukturen, die zunehmend in der Öffentlichkeit hinterfragt werden und massiver Kritik ausgesetzt sind. Klar ist: Dauerhaft nicht gewinnbringende Preise befeuern dieses kranke System, und die Politik nimmt dies nicht nur billigend in Kauf, sondern verteidigt es sogar!

Die Bäuerinnen und Bauern beweisen dagegen durch ihr energisches öffentliches Auftreten eindrucksvoll, dass es so nicht weitergehen kann. Sie fordern Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, das alte System zu überwinden. Denn es ist ausschließlich auf Kostensenkung bei den Milchviehbetrieben ausgerichtet. Die qualitativen Aspekte Ökologie und Soziales sind Bedingungen, die den Milcherzeugern/innen zwar abgefordert, aber nicht vergütet werden. Die Erzeuger/innen haben erkannt: Das kann nicht funktionieren.

Zur Lösung der Herausforderungen braucht es einen Systemwechsel, und zwar eine Vergütung vom Markt, um mehr Ökologie und Soziales zu ermöglichen. Andernfalls führen die Folgen mittelfristig zu einer weiter zunehmenden Industrialisierung der Milchwirtschaft in Deutschland, mit allen Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt! Dazu sagt der Vorstandsvorsitzende der MEG Milch Board Frank Lenz: „Nicht alle Menschen leben mit der Natur und den Tieren und können diese Konsequenzen direkt spüren. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir Bäuerinnen und Bauern darüber sprechen wie wir uns fühlen, wenn wir die Konsequenzen aushalten müssen.“ 

„Unsere RoadMap Milch & Markt zeigt eine Möglichkeit zur Systemüberwindung. Sie basiert auf guten Rahmenbedingungen, die politisch gesetzt werden, und auf eigenverantwortlichem Handeln der Bäuerinnen und Bauern. Die Milchkrise und all ihre Kollateralschäden sind ein gesellschaftliches Problem, welches nicht individuell gelöst werden kann. Deswegen laden wir dazu ein, gemeinsam einen Weg zu gehen, der das jetzige kranke System überwindet.“

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Weitere Grafiken

> Tabelle Preis-Kosten-Ratio

> Grafik Kostendeckung

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