Allerdings stiegen die Milchauszahlungspreise in der Region Süd deutlich verhaltender. Sie lagen im Juli 2022 mit 53,22 Cent (bei Milcherzeugungskosten von 53,00 Cent) ganze 3,50 bzw. 1,98 Cent pro Kilogramm unter denen in der Region Nord bzw. Ost. Dementsprechend konnten in den Regionen Nord und Ost zum zweiten Mal in unseren langjährigen Beobachtungszeiträumen Gewinne erzielt werden, bei einer Preis-Kosten-Ratio von 1,34 bzw. 1,19. Die Ratio im Süden lag bei 1,00, somit wurde hier nur Kostendeckung erreicht.
Mehrwertprogramme müssen Mehrwert schaffen
Froh und glücklich über die gegenwärtige Milchpreissituation ist der Vorstandsvorsitzende der MEG Milch Board Frank Lenz: „Die aktuellen Milchauszahlungspreise bringen Geld und Perspektive auf die Höfe; die steigenden Kosten werden aufgefangen. In den Regionen Nord und Ost verzeichnen wir sogar Gewinne. Allerdings wissen wir auch, wie dies zustande kam: Die Verringerung des Milchangebotes durch Betriebsaufgaben – in ganz Deutschland – ist die Ursache für die so dringend notwendigen Milchpreise, die wir momentan haben.“
Gleichzeitig stellt er fest, dass die derzeitige Milchknappheit skurrile Blüten hervorbringt: „Was uns Milchbäuerinnen und Milchbauern lange als unabdingbar verkauft wurde, scheint plötzlich nicht mehr notwendig. Abzüge für Milch aus Anbindehaltung oder für Milch mit höheren Zellzahlen wurden über Nacht gekippt, um nur einige Beispiele zu nennen.“ Das bedeutet für Lenz im Umkehrschluss: „Über die verbliebenen sogenannten Mehrwertprogramme und andere marketinggetriebene Angebote des Handels und der Milchaufkäufer können wir Bauern und Bäuerinnen jetzt frei entscheiden. Nach meiner Einschätzung sind solche Angebote, die keine konkrete Wirkung bezüglich Tierwohl, Umwelt und Einkommen der Bäuerinnen und Bauern entfalten, abzulehnen oder kostenecht einzupreisen.“
Die Marktteilnehmer signalisieren einerseits eine hohe Nachfrage nach Milch, andererseits eine große Unsicherheit bezüglich der Vermarktungsmöglichkeiten der Produkte. Die Milchauszahlungspreise sind derzeit exportgetrieben. Der Absatz im Export bestimmt das Weltgeschehen, und das ist unkalkulierbar. Auch schätzt Lenz, dass das geringe Angebot weiter für hohe Preise sorgen wird. Darin sieht er gleichzeitig Chance und Gefahr: „Wir können jetzt langsam beginnen, die durch die jahrelange Unterdeckung entstandenen Lücken zu schließen. Gleichzeitig verlangt diese ungewohnte Situation nach neuen Ideen. Wir könnten diese einmalige Chance nutzen, um unsere Marktposition zu verbessern. Dabei können wir – wieder einmal – aus den aktuellen Erfahrungen lernen. Das Beispiel Biomarkt zeigt, dass Mengenausdehnungen ohne Abnehmer die Preise drücken. Mengenmanagement ist also dringend erforderlich. Die Gefahr ist simpel – wir lassen die Chance, jetzt unsere Marktposition zu verbessern wider besseres Wissen brach liegen, anstatt aktiv zu werden und uns zusammenzuschließen.“
Ein besonderes Augenmerk ist Lenz zufolge nun vor allem auf den Süden Deutschlands zu richten, damit die Betriebe dort nicht noch weiter von der Milchpreisentwicklung abgehängt werden.
Der Fokus muss nun sein, die Verhandlungsposition der Milchbäuerinnen und -bauern zu stärken! „Bauern haben Übung, Kostensteigerungen ‚wegzusparen‘. Doch wie wäre es, wenn sie ihre Talente in der Vermarktung und Bündelung entdecken und ausbauen. Die MEG Milch Board unterstützt sie dabei.“